BILL WYMAN’S RHYTHM KINGS

"Groovin’" - Album

 

Text mit freundlicher Genehmigung von Roadrunner Records

 

"Ich wollte einfach einmal die Songs spielen und aufnehmen, die mir zeitlebens gefallen haben, die ich lange Jahre nicht machen konnte - ein Fats Waller-Stück hätte ich mit den Stones nie bringen können. Und ich wollte mit alten Freunden zusammen spielen." So simpel begründet Bill Wyman die Motivation, warum er 1996 die Rhythm Kings gegründet hat: "Wir wollten Blues- und Jazzmusik machen, ohne Rücksicht auf irgendwelche kommerziellen Überlegungen." Eine Trilogie von Alben sollte es werden, die nun eigentlich mit "Groovin´" ihren Abschluss finden müsste. "Doch der Erfolg der Platten und die unerwartet große Nachfrage nach Live-Auftritten der Rhythm Kings haben alle unsere Erwartungen deutlich übertroffen, so dass wir weitermachen werden", blickt Wyman bereits in die Zukunft.

Knapp 40 Jahre nach seinem Einstieg bei den Rolling Stones 1962 ist der am 24. Oktober 1936 Geborene zu seinen Ursprüngen zurückgekehrt: "Wir machen heute aus denselben Gründen Musik wie damals: weil wir sie lieben und Spaß daran haben, sie mit anderen - auf und vor der Bühne - zu teilen!" 30 Jahre hatte Wyman mit Mick Jagger, Keith Richards, Charlie Watts und all den anderen Stones-Mitgliedern gearbeitet, ehe er der Band den Rücken kehrte. "Eigentlich hatte ich diesen Schritt schon 1991 vollzogen, doch die anderen brauchten zwei Jahre, bis sie realisierten, dass ich es Ernst meinte", blickt Wyman heute ohne Zorn zurück. Er war das erste Mitglied der Stones gewesen, das eine Soloplatte herausbrachte: "Monkey Grip" im Jahre ´74, dem "Stone alone" (1976) und "Bill Wyman" (1982) folgten, dazu zwei Alben unter dem Projektnamen Willie & The Poor Boys mit Andy Fairweather-Low, Gary Brooker, Chris Rea, Charlie Watts, Paul Rodgers und Jimmy Page.

Die Musik allein hat den Besitzer der Restaurant-Kette Sticky Fingers - "nachdem sich ein Stones-Museum nicht realisieren ließ, konnte ich einen Teil der Memorabilia, die ich habe, so unterbringen" - nie ausgelastet. Er hat in diversen Filmen mitgespielt und auch Filmmusiken komponiert. Er fotografiert und bringt Bücher heraus. Sein Bildband über Chagall (1998) bekam allenthalben sehr gute Kritiken, und die Fortsetzung seiner Autobiografie "Stone Alone: The Story Of A Rock and Roll Band" von 1980 liegt in den letzten Zügen. Und dann wäre da noch seine Familie - nachdem er lange kaum an einem Frauenrock vorbeikam, ist Wyman seit der Heirat mit Suzanne Accosta häuslich geworden und genießt seine drei kleinen Töchter.

 

Dazu kommen seit 1996 eben die Rhythm Kings. "Ich wollte das Ganze als Band haben, weil ich nicht im Rampenlicht stehen muss. Deshalb stand ich ja auch früher ganz weit hinten, möglichst im Schatten."Seitdem halten wir uns zwei Mal im Jahr drei- bis vierwöchige Phasen im Terminkalender frei, um zu touren", erzählt Wyman. Wir, das waren und sind seine Freunde und Kollegen Georgie Fame (Keyboards), Gary Brooker Piano), die Gitarristen Albert Lee, Martin Taylor, Terry Taylor, Sängerin Beverly Skeete und Schlagzeuger Graham Broad, die ansonsten mit eigenen Projekten, Bands und Jobs als Sidemen ausgelastet sind. "Peter Frampton war diesmal leider zu beschäftigt, um wieder mitzumachen", verrät Wyman.

"Struttin´ Our Stuff" war 1997 das Albumdebüt der Rhythm Kings, dem im Jahr darauf "Anyway The Wind Blows" folgte. Weitere zwei Jahre später heißt das CD-Motto "Groovin´", gemäß dem Klassiker der Young Rascals, den die Rhythm Kings beseelt groovend neu interpretieren. "Wir wollten eine Mischung aus mehr oder weniger bekannten alten Songs und neuen, ganz frischen Stücken, die ich mit Terry Taylor geschrieben habe."

Daneben gibt es herzerfrischende Versionen des Lovin´ Spoonful-Evergreens "Daydream" aus der Feder John Sebastians, "I Put A Speel On You" des jüngst verstorbenen Screamin´ Jay Hawkins, "Mood Swing", "Can´t Get My Rest At Night" und "Rhythm King", geschrieben von Georgie Fame. Einen Unterschied zu den beiden Vorgänger-Alben nennt Wyman, der sich während der praktisch live eingespielten Aufnahmen auf den Bass konzentrierte: "Ich habe diesmal darauf verzichtet zu singen, nachdem so begnadete andere Vokalisten mit von der Partie sind."

Und eine kleine Reunion gab es auch im Studio: Steuerte doch - neben dem Percussion-Virtuosen Ray Cooper und Gitarristenfreund Andy Fairweather-Low - der einstige Stones-Kollege Mick Taylor einige Gitarrenlicks bei.

"Solange Interesse an uns und unserer Musik besteht, werden wir weitermachen, denn es macht uns nach all den Jahren immer noch oder auch wieder Spaß, Musik zu machen - und das ohne jeden kommerziellen Druck, wie er heute auf so vielen Künstlern lastet. Und es bereitet einfach Freude, Auge in Auge mit den Leuten vor der Bühne loszulegen - wie damals vor vier Jahrzehnten, als wir anfingen, in Bands zu spielen", fasst William George Wyman das Schaffensmotto seiner Rhythm Kings - "am liebsten wäre es mir, die Gruppe würde so firmieren, ohne dass mein Name davor stünde; aber ganz kann ich mich Marketingzwängen eben auch nicht entziehen" - zusammen. Und so begeistert klingt er ansonsten nur, wenn er von seinen drei kleinen Töchtern erzählt.

PHILIPP ROSER

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